Whassup? Ich bin Christina, Urberlinerin ©1981 und seit letztem Jahr Mitglied im Strategischen Kunden- und Projektmanagement der DB Vertrieb GmbH: Team ‚driversity‘.

Nach kurzem Beschnuppern der Themen und Kollegen wurde mir direkt der „3M-Hut“ zur Koordination & Konzeption unserer Projekte aufgesetzt – Motivieren, Mediatieren oder auch Moderieren – ‚kann ick anscheint janz jut…‘ und als Externe und Branchenfremde nehme ich gerne eine frische und kontroverse Perspektive ein, für die driversity ja konsequent steht.

Mein Verständnis von Freiheit & Luxus sind gutes Essen mit Freunden, so oft es geht Reisen und selbst immer in Bewegung sein:

  • per Pedes, von Wandern bis Tanzen
  • auf dem Wasser, von Strand bis Segel
  • mit zwei bis vier Rädern, via Motor oder Muskelkraft
  • und gern auch mal schnell (ICE-Fan der ersten Stunde)

…aber: ohne Musik ist das alles nix!

Wenn man sich mit neuer Mobilität im urbanen Umfeld befasst, landet man schnell bei insel-projekt.berlin

Worum es geht?

Einen Monat lang das private Auto stehen lassen und dafür die Mobilitätsvielfalt (Sharingdienste der e-Scooter, Bikes, Cars sowie den ÖPNV) genießen. Das wollte ich auch ausprobieren!
Nach einigem Hin und Her wurde ich auserkoren an dem Projekt „Deine Flotte ´20“ teilzunehmen. Als wahrscheinlich letzte Testerin des Jahres startete ich kurz vor Weihnachten mit der Schlüsselabgabe am Montag 21.12.2020 und durfte meinen privat-PKW erst wieder am Mittwoch 20.01.2021 nutzen. Also einen ganzen Monat lang Verhaltensänderung durch mobile Freiheit und Komfortzonenräumung trainieren.

Der Prozess läuft ganz simpel in 5 Schritten ab:

  • Die Schlüsselübergabe findet im Büro der Organisatoren (Neue Mobilität Berlin c/o insel-projekt.berlin) in der Mindener Str. 22, 10589 Berlin statt, (s. Bild – da haste den Salat direkt im Büro, vertical und very hip
  • Im Gegenzug bekommen die Tester digitale Gutscheine und analoge BVG-Tickets
  • Im Anschluss folgt die Dokumentation von Kilometerstand und Standort des geparkten KFZ
  •  Eine Umfrage wird vorab und im Nachgang von der „Zentrum Technik und Gesellschaft (ZTG) der TU Berlin“ begleitet
  • Bevor es losgeht, steht der Download aller Mobilitäts-Apps an, sofern man sie nicht bereits auf dem Smartphone hat

Simply the best

Schnell noch die wichtigsten Apps installieren und ab geht die wilde Fahrt. Dachte ich zumindest. Aber wo ein schlanker Prozess ist, lauert bekanntlich auch ein Protest – die IT mal wieder. Anmeldung bei 10 Anbietern und dann das:

„Computer says no“ – Wenn das System meint, das ist nicht die eine und dieselbe Person….

Führerscheinfoto aus den 90ern vs. Personalausweisfoto von heute

Der Anmeldeprozess ist schon widrig genug und von App zu App sehr divers. Manchmal muss man sich eine zusätzliche Ident-App laden, ein anderes Mal wird man per Videocall zurückgerufen und dann gibt es Apps, in denen man nur das Dokument fotografiert und gut ist…

Ein Verifizierungsprozess für alle Apps wäre großartig.

In Summe also kein komfortables Verfahren, daher ist es verständlich, dass die meisten Testpersonen maximal ein oder zwei Anbieter nutzen. #barrierenabbauen

Wenn man dann aber eine Mail bekommt mit dem Hinweis, dass die Person auf Personalausweis und Führerschein nicht identisch sind… 🤣 #dukommsthiernichtrein

Größter Verlierer vom Anmeldeprozess aus Usability-Sicht: Flinkster und fLotte Berlin (Lastenrad)

Stories – Wenn Eine/r eine Reise tut, dann hat er/sie was zu erzählen… 

Auch wenn man sich in Prenzlauer Berg den Miles-Kollegen etwas erlaufen muss, ist ein Gefährt verfügbar und gebucht. Das Handling ist einfach und Spaß macht´s mit den e-Autos auch. Alles läuft bestens. Mit der Abrechnung reißt der Spaß dann ab:  5 Euro Warenwert vs. 30,89 € Mobilitätskosten. Das überlegt man sich ohne Voucher dann doch zwei Mal. Und die Frage drängt sich auf: Was ist mir Mobilität eigentlich Wert?

Episode #1 (Ziel: Treptow-Köpenick, Distanz: 21 km, Buchung: Miles)

  1. Dezember 2021, Ebay-Kleinanzeigen Experience oder wenn die Zahlenraupe zuschlägt…

Es war kurz vor Weihnachten plus Lock Down Teil II, die Geschäfte geschlossen und sowieso ist es viel nachhaltiger Gebrauchtes zu kaufen… also warum nicht? Der gesuchte Artikel ist schnell auf Ebay-Kleinanzeigen gefunden, die Abholung vereinbart – ab geht die wilde Fahrt.
Am Falkenberg in Berlin Treptow – nächster S-Bhf Grünau, 1,5 km Fußweg, -2 Grad Außentemperatur… jetzt ein Auto.

Episode #2 (Ziel: Schwanebeck, Distanz 16,5km, Buchung: Tier Roller + BVG Ringbahn)

  1. Januar 2021 – Sie verlassen den „Sharing“-Sektor – schnelle Fahrverbindung kann die Herausforderung der letzten Meile nicht schlagen

Der Plan: Mit dem E-Roller zum Bahnhof Pankow fahren, um dann mit der mit der Ringbahn zum S-Bhf Buch in rekordverdächtigen 25 min zu gelangen – und dann stehste da… Bus verpasst.
Bedeutet in diesem Fall mindesten 20 Minuten warten. Es ist Winter. Mir ist kalt. Die Reststrecke zum Ziel sind noch 2,5 km. Ich lasse mich einsammeln 😉 #puentklichkeit

Episode #3 (Ziel: Übers Bötzowviertel Richtung Herrmann-Dorner Allee, Distanz 25 km, Buchung: ShareNow – A-Klasse)

  1. Januar 2021 – Lockdown Monat zehn – die Kids müssen an die frische Luft…

Ein Longboard, ein Beachboard, ein Waveboard plus Proviant. Das Ziel: eine Skaterbahn in Adlershof. Bei der Strecke, vier Personen und dem Equipment wird schnell klar, dass weder Lastenrad noch ein Smart in Frage kommen. Also lasst den Fahrspaß beginnen.

In meinem Benz roll‘ ich wie ein Ghetto-Präsident
In meinem Benz verteil‘ ich Gratis-T-Shirts an die Fans
In meinem Benz siehst du meine Königskette
Wie sie glänzt, in mei’m Benz
In meinem Benz dreh‘ ich ein paar Runden mit der Gang
In meinem Benz geb‘ ich Autogramme an die Fans (immer)
In meinem Benz siehst du meine Rol
Wie sie glänzt (haha), in mei’m Benz“

AK AusserkontrolleBonez MC

Episode #3.1 – gleiche Fahrt, anderes Thema: Lost & Found:

Einer der Vorzüge des eignen PKWs ist die fast heimische Einrichtung.
Kaugummi, Taschentücher, Sonnenbrille – alles am Start. So wird das Auto zum Wohnzimmer. Auch ein Ausflug mit einem Sharingwagen lädt zum sich Einrichten ein.

Komfortabel vor der Tür geparkt, ausgeloggt (und das muss flott gehen, da jede Minute zählt) und voll bepackt beenden wir ganz happy den Ausflug.

10 Minuten später: die guten Airpods sind noch im Auto. Gott sei Dank wurde es schnell bemerkt, aber den Fahrspaß hat sich schon ein andere gegönnt. Was nun?

Aus der App heraus kann man den Kundenservice von Sharenow anrufen. Selten habe ich -insbesondere zu Coronazeiten – einen so kompetenten und mitdenkenden Kundenservice erlebt (5 Sterne von mir). Das Fahrzeug wurde ausfindig gemacht. Da es schon wieder frei gegeben war, konnte der Kundenservicemitarbeiter den Benz für 20 min blocken, Entfernung: 5,6 km – also rauf auf einen eRoller und hinterher!

Die Hände sind blau von der Kälte, aber das Auto gefunden: eingeloggt, geöffnet, Airpods eingesammelt, ausgeloggt und wieder zurück…

Nach dem Ausbaden dieses Malheurs freue ich mich auf ein heißes Bad Zuhause. Feierabend. Der Testmonat ist vorbei. Doch wie war es nun unterm Strich und welche Verkehrsmittel habe ich überhaupt genutzt?

60 % der Fahrten: DB Bike und Jobrad

25 % der Fahrten: PKW Miles, Weshare, Share Now

10 % der Fahrten Roller: Emmy & Tier

5 % der Fahrten: BVG

Manche Anbieter rechnen nach Entfernung ab, manche nach Zeiten, daher sind am Ende nur die Kosten vergleichbar.

Meine Mobilitätskosten im Testmonat beliefen sich auf 175,66 € (ohne Jobrad)

Zum Vergleich: Ich fahre privat einen FIAT 500 Cabrio (s. Bild oben) Kosten knapp 100 €uro im Monat inkl. Versicherung, Steuern, Kraftstoff (Super), Wartung (ohne Anschaffungskosten).

Mein Fazit:
Ich habe es noch nicht geschafft mit einem Lastenrad einen Wocheneinkauf zu machen, da auch hier der Buchungsprozess (Termin) noch zu unbequem ist. Roller und Autos sind deutlich komfortabler buchbar.

Learning #1
Der Anmeldeprozess muss stark optimiert werden – im Idealfall nur 1 Mal für alle Anbieter

Learning #2
Eine Mega-App für alle Sharingdienste + Integration in Routing-Apps fehlt
(googlemaps oder imap)

Learning #3
Innenstädte müssen Sharing überdenken – politisch gesteuert, mit beschränkten Abstellzonen (auch für das Stadtbild) und dafür die Zonen erweitern

Learning #4
Langstreckenfahrten müssen günstiger sein als Kurztrips, Tarife bisher umständlich bzw nicht attraktiv (#Nachhaltigkeit)

Learning #5
Kosten-Nutzen-Verhältnis privater PKW (Kleinwagen) fällt noch PRO privater PKW aus. Anschaffung, Unterhalt, Wartung, also auch Steuer, Versicherung sind in Summe noch günstiger. Dem gegenüber steht ein Mangel an Alternativen, um den ländlichen Raum oder die Langzeitnutzung abzudecken.

 

Zugang statt Besitz bedeutet leider oft auch mangelnde Sorgfalt bei der Nutzung

In so manchem Gefährt sah es wild aus und pfleglich gefahren werden sie auch nicht. Wenn Carsharing-Autos erzählen könnten… 😉 (an dieser Stelle eine Hörbuchempfehlung: „Voll abgefahren“ geschrieben von: Alexander Momm gesprochen von: Sebastian Pappenberger)

Für den kurzen Dienstweg ist es aber irrelevant, sondern bequem. So komfortabel wie Zuhause muss es nicht immer sein. Insbesondere kurze, innerstädtische Wege kann man super mit den ÖPNV (BVG), eScooter, Rad oder zu Fuß erledigen.

Spannend wird Sharing ab 10 km+, aber genau dann hört die Attraktivität leider auf – zu wenige Möglichkeiten für eine zu hohen Preis, wenn man den Usecase Auto tatsächlich benötigt.

Werden Mikromobile ihren Radius erhöhen und die Peripherie anbinden? Wird der Anmeldeprozess so einfach wie die iPhone-Nutzung werden? Werden bessere Verfügbarkeit und Buchungsqualität zum Sinken der Kosten führen? Ich weiß es nicht, aber ich bin sicher, dass uns diese Fragen noch ganz akut beschäftigen werden – gerade jetzt im Themenmonat „Mikromobilität“ bei driversity.

Meine echte Alternative: das Jobrad, auch im Winter 😉