Ein bisschen Frauenquote zum Herrentag.

Ja liebe Männer, auch an „eurem“ Tag geben wir keine Ruhe, weil wir noch lange keine wirkliche Gleichberechtigung haben. Ob wir die Frauenquote dazu brauchen? Ich glaube, wir brauchen noch viel mehr!  Angefangen bei mehr Kinderbetreuungsmöglichkeiten, einer dringend notwendigen Überarbeitung des Ehegatten-Splittings – ich könnte diese Liste ewig fortführen. Was es meiner Meinung nach aber wirklich braucht, ist ein neues Mindset.

Mit neuem Mindset zur Gleichberechtigung.

Es sind die kleinen alltäglichen Dinge und Wörter, die einem meistens noch nicht mal auffallen. Es sind die Altherrenwitze und anzüglichen Bemerkungen, wie etwa Herr Lindner. bei der Verabschiedung der Generalsekretärin Linda Teuteberg, es ist die Selbstverständlichkeit mit der jedes Wort, jedes Buch männlich gegendert wird.

Mach es pink und du kannst es für mehr Geld an Frauen verkaufen“ gilt nicht nur bei Hygieneprodukten, sondern wird auch von Autoherstellern bis hin zu den mittlerweile wieder vom Markt genommenen „Pinky Gloves“ genutzt. Vor allem das politische und wirtschaftliche Umfeld ist extrem männlich geprägt. So wird ganz selbstverständlich von „Wahlmännern“ in USA gesprochen und von „Kaufmännern“ und „patriarchalischem Führungsstil“ in der Wirtschaftsliteratur. Dieses Denken ist so tief in uns verankert, bei Männern wie bei Frauen, dass wir massive Probleme bekommen, sollte sich das nicht ändern.

Studien belegen: Umfeld spielt Rolle bei Berufswahl.

Wenn junge Frauen und Mädchen keine Frauen in Führungspositionen sehen und erleben, werden sie diese Berufe weniger für sich in Betracht ziehen. Damit verschwenden wir die Hälfte des Potenzials, das es auf unserem Planeten gibt. Und wenn uns die Pandemie eines gezeigt hat, dann das wir für viele wesentliche Bereiche unseres Lebens innovative neue Ideen brauchen um für alle Menschen in Zukunft ein würdiges, gerechtes und sicheres Leben zu gewährleisten. Deswegen ist es so wichtig, die Frauen, die bereits in solchen Positionen sind, sichtbar zu machen.

Eine von ihnen ist Sandra Walter, Mobilitätsgestalterin, Businessrockerin und Vorbild für Frauen in IT. Die Client Partnerin von NTT Data ist für zwei Awards (Digital Female Leader Award DFLA und WIN-Award) in den Kategorien Mobility und Digitalisierung nominiert.

Sandra Walter: Von der Quereinsteigerin zur Businessrockerin

“Frauen sollten mutiger werden, sich selbst treu bleiben und ihr Ding machen”.

 

Das legt Sandra Walter jeder Frau ans Herz. Denn es geht nicht darum, den männlichen Führungsstil zu kopieren, um sich durchzusetzen, es geht darum einen eigenen femininen Führungsstil zu entwickeln und zu etablieren. Gerade die Pandemie hat auch hier wieder gezeigt, dass Frauen dazu nicht nur in der Lage sind, sie sind sogar großartig darin. Studien belegen bereits, dass die Länder, die von einer Frau durch die Krise geführt worden sind, besser abschneiden in punkto Infektionszahlen und Todesfällen als die, die von Männern geführt worden sind. Und so ist es auch in der Wirtschaft.

Frauen sind ein Business Case.

Es ist bewiesen, dass diverse Teams erfolgreicher sind. Und zwar messbar. Laut einem Mc Kinsey Bericht erzielen Unternehmen mit einem ausgewogenen Männer-Frauen-Anteil einen 56% höheren Betriebsgewinn als rein männlich besetzte Unternehmen (siehe „Das neue Land“ von Verena Pausder). Die klare Botschaft an alle Unternehmen ist also:
wollt ihr am Markt überleben und erfolgreich sein, holt euch Frauen ins Team und in die Führungspositionen.

Katrin Wallner, Head of Competence Center Application & DevOps Services I und IV  führt bei NTT DATA eine über 100-köpfige Abteilung aus Entwicklern, Projektleitern und Quality Engineers, mit circa 30 % Frauenanteil! Der Frauenanteil in der IT-Branche in Deutschland liegt bei rund 17 %. Ein Bespiel für Empathie und führen ohne Druck und Ellenbogeneinsatz.

- starke Frauen im Business -

Sich selbst ein Ziel setzen und sich dann nehmen, was man will.

Sandra Walter betont an dieser Stelle nochmal, wie wichtig es eben ist, dass auch Frauen ihre Haltung ändern. Viele Frauen haben noch das Mindset, dass ihre gute Arbeit, ihr Fleiß schon irgendwann auffallen wird. Irgendjemand wird schon auf sie zukommen und die Beförderung anbieten. So ist es aber meist nicht. Frauen müssen sich bewusst machen, dass sie danach fragen müssen was sie wollen. Nur so kann der oder die Vorgesetzte auch wissen, dass sie mehr wollen. Ob es die höhere Position oder das höhere Gehalt ist. Aktiv danach fragen, sich bemerkbar machen, klar machen, dass man für die Position zur Verfügung steht. Auch wenn man sich vielleicht noch nicht bereit dazu fühlt. Denn ganz ehrlich, das tun die Männer in den meisten Fällen auch nicht. Man merkt es ihnen aber nicht an. Frauen geraten eher ins Zweifeln, ob sie wirklich alles für eine größere Aufgabe mitbringen. Ich denke, was man noch nicht weiß, kann man lernen. Man wächst an seinen Aufgaben und es ist keine Schande sich Hilfe zu holen, wenn man sie braucht. Das zeugt sogar von Größe.

Auch in einem Interview mit Headhunter Christopher Funk und den Vertriebsmanagerinnen Karina Kaestner (Deutsche Bahn) und Christina Riess (DC Aviation) aus dem Jahr 2014
Frauen im Vertrieb: „Wie Spaghetti ohne Soße“ äußerte Karina Kaestner: „Als Führungskraft beobachte ich auch, dass sich Männer viel mehr zutrauen, auch wenn sie teilweise gar nicht das Potenzial haben. Männer sind einfach selbstbewusster. Frauen haben dagegen den Anspruch an Perfektion sich selbst gegenüber. Sie denken oft, sie müssten noch das und das machen, um eine bestimmte Stelle zu bekommen – und dann hat sie sich längst ein Mann geschnappt, der vielleicht gar nicht besser ist.“

Frauen arbeiten anders und brauchen eine andere Mobilität

So wird 75 % der unbezahlten Arbeit weltweit von Frauen erledigt. Unter unbezahlter Arbeit versteht man z. B. das Ehrenamt, aber vor allem die Sorgearbeit für Kinder, Eltern und Ehepartner. Da Frauen oftmals unbezahlte und bezahlte Arbeit in Teilzeit kombinieren, steht ihnen weniger Geld zur Verfügung.
Janina Hocke, Head of Accounts Payable hat sich bewusst für Teilzeit entschieden. So kann sie Führungskraft sein, ohne Vollzeit arbeiten zu müssen. Das kommt der familiären Situation sehr entgegen. An den Vormittagen kann sie sich beruflich voll entfalten und mit interessanten Themen »austoben«, während ich am Nachmittag die volle Aufmerksamkeit meiner Familie widmen kann

Um anfallende Verpflichtungen zu erledigen, bilden sich u. a. komplexe Wegeketten heraus: Morgens die Kinder zur Schule, dann zur Arbeit, wieder zur Schule, zum Schwimmverein und auf dem Weg nach Hause noch zum Bäcker. Wenn es in Familien ein Auto gibt, wird es im alltäglichen Gebrauch oft vom Mann genutzt. Frauen hingegen wählen das Verkehrsmittel je nach Anliegen (multimodal) oder wechseln es je nach Bedarf (intermodal).

Frieda Bellmann, Diana Polack und Lieke Ypma haben sich mit dem Thema „Gibt es eine weibliche Mobilität?“ beschäftigt und sind dabei auf neue, überraschende Erkenntnisse gestoßen.

In der Tat nutzen Frauen Mobilitätsangebote anders als Männer. Wenn wir uns die Bewegungsmuster von Frauen genauer ansehen, können wir Unterschiede erkennen und davon lernen. Viele Straßen- und ÖPNV-Systeme sind zum Beispiel sternförmig aufgebaut, um das tägliche Pendeln zwischen der Arbeit in der City und dem Wohnort (Vorort) zu ermöglichen. Weltweit stellen allerdings Frauen mit 66 % die Mehrheit bei der ÖPNV-Nutzung und gehen viele Wege zu Fuß. Menschen, die jedoch neben der Arbeit weiteren Verpflichtungen im Leben nachgehen, haben eine komplexere (Quer)Mobilität. Es gibt natürlich auch Männer, die ähnliche Verpflichtungen haben und entsprechende Verhaltensweisen an den Tag legen, doch statistisch gesehen sind es mehrheitlich Frauen.

It’s a together thing!

Und damit kommen wir nochmal auf den Herrentag zu sprechen kommen: Liebe Männer, keine Angst! Es geht uns Frauen nicht darum, das Patriarchat in ein Matriarchat zu verwandeln. Denn das hätte genauso wenig etwas mit Diversität zu tun. Es geht uns darum, dass wir zusammen besser sind! Das wir wirklich gleiche Chancen für alle haben wollen. Nicht weil wir recht behalten wollen, sondern weil wir gemeinsam diesen Planeten zu einem besseren Ort machen können. Bis es so weit ist, werden wir etwas übertreiben müssen, um uns alle wachzurütteln! Wir müssen die Dinge extra betonen, wir brauchen erst mal eine Frauenquote, wir müssen erst mal laut werden und uns sichtbar machen! Und dann, wenn es in unseren Köpfen angekommen ist, das es nicht fair ist, dass sich nur Frauen die Frage stellen müssen, ob sie Karriere und Kinder unter einen Hut bekommen oder dass es nicht normal sein kann, dass sich nur Frauen auf dem Nachhauseweg Gedanken machen, ob sie unversehrt ankommen, dann, wirklich erst dann, machen wir echte Schritte in Richtung Gleichberechtigung – auch über die “zwei klassischen Geschlechter” hinaus im Sinne einer diversen Gesellschaft und Toleranz.

© Beitrag Frauen im Business von Stephanie Wilbert